„Mach doch eine Zeitung“

Das erste Kundenmagazin von Kieser Training stammt aus dem Jahre 1984. Dessen Entstehungsgeschichte führt zurück zu einem Artikel für das Männermagazin Penthouse.

Name: Regine Elsener

Geburtsdatum: 01.09.1948

Beruf: Journalistin

Hobbys: Lesen, Russisch lernen, Motorradreisen in den Osten, z.B. Polen, Ukraine, Weißrussland und Zentralasien

Kieser Training-Kundin seit: 1980

Kraft bedeutet für mich: leichtere Alltagsbewältigung und Autonomie.

Oft sind es Zufälle, die Menschen zueinander führen und Dinge entstehen lassen. Wie bei der Zürcher Journalistin Regine Elsener: Sie entwickelte gemeinsam mit ihrem Kollegen Beat Gehri die erste Kieser Training Zeitung.

Im grünen Schlafanzug ins Polio-Spital

Die Geschichte beginnt, als Regine Elsener fünfeinhalb Jahre alt ist: Sie ist gerade im Kindergarten, als sie auf einmal extreme Kopfschmerzen bekommt. Diese stellen sich als Hirnhautentzündung heraus und als Beginn einer Polio-Erkrankung. Polio trat damals, in den 1950er-Jahren, in mehreren großen Epidemien auf. Es ist eine Infektionskrankheit, die meist zu schweren Lähmungen führt und deshalb auch Kinderlähmung genannt wird. Häufig merken die Betroffenen gar nichts von ihrer Erkrankung und ihr Körper wird selbst damit fertig. Dieses Glück hat Regine Elsener nicht: Innerhalb weniger Tage im Krankenhaus verschlechtert sich ihr Zustand. Sie kann erst nicht mehr gehen, dann nicht mehr stehen und schließlich nicht einmal mehr sitzen. Sie ist bis zu den Achseln gelähmt. Herz und Lunge arbeiten zum Glück weiter, Schmerzen hat sie keine. An die Zeit im Krankenhaus erinnert sich die heute 69-Jährige noch genau: an den grünen Schlafanzug mit dem Froschmotiv auf der Brusttasche zum Beispiel, den sie bei ihrer Einlieferung ins Spital getragen hat. Es sind keine schlimmen Erinnerungen. „Polio ging damals um, das Spital war voll mit gelähmten Kindern“, sagt sie. „Und den anderen ging es ja auch nicht anders.“ Zur Therapie gehört auch Heilgymnastik im warmen Wasser. Sie weiß noch, wie es ihr schließlich an der Hand der Krankenschwester gelingt, in der Badewanne das erste Mal wieder zu stehen. Tagelang versucht sie immer und immer wieder, ihre Puppe Fränzi zum Stehen zu bringen. Das ist nicht einfach, denn die Beine der Puppe sind aus Stoff und sacken immer wieder weg. Als es ihr schließlich gelingt und die Puppe auf den Beinen steht, gibt das auch ihr einen großen Ansporn.

Nach einem halben Jahr wird Regine Elsener aus dem Krankenhaus entlassen. Sie ist sechs Jahre alt und wiegt gerade mal 16 Kilo. Obwohl sie auf Anraten der Ärzte erst mit acht Jahren eingeschult wird, wird sie immer die Kleinste in der Klasse sein. „Sport mochte ich nicht. Ich konnte nicht so hoch springen und nicht so schnell laufen wie die anderen“, sagt sie.

Das Training

Als Folge einer Polio-Erkrankung in der Kindheit ist das linke Bein von Regine Elsener deutlich schwächer, genauso die Bauchmuskeln. Um ihr verbliebenes Kraftpotenzial so gut wie möglich zu stärken bzw. zu erhalten, trainiert sie wenn möglich zweimal pro Woche bei Kieser. Schwerpunkt sind Rumpf- und Beinmuskulatur. Besonderes Augenmerk legt sie auf das schwächere linke Bein und trainiert den Quadrizeps an der Beinpresse halb-negativ. Dazu bewegt sie das Gewicht mit beiden Beinen nach oben und führt es anschließend nur mit dem linken Bein zurück.


Test an der Beinpresse: „Mit links ging gar nichts“

Regine Elsener trägt lange, dunkelblonde Haare und eine braune Hornbrille. Sie ist auch heute noch eine zierliche, schmale Frau – aber mit Sport hat sie ihren Frieden geschlossen. Zweimal die Woche kräftigt sie bei Kieser Training ihre Muskeln. Und ohne sie hätte es auch das erste Kundenmagazin von Kieser, die Kieser Training Zeitung, nicht gegeben.

Auslöser war ausgerechnet ein Artikel im Männermagazin Penthouse. Dort war Elsener Mitte der 1970er-Jahre als Layouterin beschäftigt. Als die Redaktion an einem Artikel zum Thema Krafttraining arbeitete, lernte sie Werner Kieser kennen, den Gründer des Unternehmens Kieser Training. Sie erzählte ihm von ihrer Polio-Erkrankung und ihrer Schwäche im linken Bein. Um gerade gehen zu können, war sie als Kind zweimal operiert worden, einmal am Fuß und einmal an der Achillessehne. Die Operationen waren gut verlaufen. Trotzdem stürzte sie öfter, verdrehte oder zerrte sich den linken Fuß. Doch damit konnte sie leben: „Man sieht mir das auch kaum an“, sagt Elsener.

Werner Kieser machte mit ihr einen Test an der Beinpresse: Mit beiden Beinen konnte sie das Gewicht problemlos stemmen, auch mit dem rechten Bein. „Aber mit links ging gar nichts“, erinnert sich Elsener. Dass das linke Bein nicht ganz so stark war wie das rechte, wusste sie. Aber dass das Kraftdefizit so extrem war, war ihr bis zu dem Versuch an der Maschine nicht bewusst. „Ich habe zum ersten Mal begriffen, dass das linke Bein nicht einmal halb so stark ist wie das rechte“.

Blattmacherin mit Skalpell und Leim

Sie begann, regelmäßig im Kieser-Studio zu trainieren. Bei einem dieser Trainingstermine erzählte ihr Werner Kieser, dass ihm die Kunden viele Fragen stellten. Krafttraining war damals noch ziemlich neu. „Mach doch eine Zeitung!“, hatte Elsener ihm vorgeschlagen, die zu der Zeit schon eine Weile freiberuflich arbeitete. „Da kannst du die gängigsten Fragen beantworten“. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Beat Gehri realisierte sie Kiesers erste Kundenzeitung. Das Magazin erschien viermal pro Jahr, von 1985 bis 1988. Um die geleimten Texte und Fotos auf den Papierbögen für den Druck zu montieren, benutzte sie ein Skalpell. Magazinmachen bedeutete damals viel Bastelarbeit. „Manchmal, wenn der Umbruch nicht passte, musste ich einzelne Textzeilen ausschneiden und neu montieren“, erinnert sie sich. Vier Jahre lang versorgten sie die Kunden mit den wichtigsten Informationen zu Training, Muskelaufbau und Handhabung der Maschinen. Dazu gab es Porträts von Kunden und Sportlern. Und auch wenn sich seitdem vieles verändert hat: Die Grundidee ist geblieben: Mit einer gut trainierten Muskulatur trägt man den Körper leichter durchs Leben.

Text: Monika Herbst
Fotos: Verena Meier