Schlaflose Nächte nach einem Theaterstück

Sie liebt das Leben und die Theaterwelt. Und darum geht Hedy Bender auch mit 76 Jahren noch regelmäßig arbeiten.

Name: Hedy Bender

Geburtsdatum: 12.12.1941

Beruf: Rentnerin, gelernte Hotelfachfrau

Hobbys: Radfahren, Wandern, Walking

Kieser Training-Kundin seit: 2006

Kraft bedeutet für mich: eine gute Körperhaltung und gesündere Knochen.

Es war ein warmer Sommerabend in Hamburg. Hedy Bender erinnert sich noch genau daran, obwohl das Erlebnis schon Jahrzehnte zurückliegt. Sie war elegant gekleidet, in dunkler Hose und Blazer. Gemeinsam mit ihrer Tochter machte sie sich auf den Weg ins Ernst-Deutsch-Theater. Gespielt wurde das Drama „Andorra“ von Max Frisch. Das Stück dauerte drei Stunden. Es ging um den Jungen Andri, den die Dorfbewohner im fiktiven Andorra für einen Juden hielten und der schließlich getötet wurde. Es ging um Vorurteile, um Feigheit und um die eigene Identität. Hedy Bender hatte das Stück damals sehr mitgenommen. Und sie war nicht die Einzige: Es war mucksmäuschenstill im Theater. Zuhause angekommen lag sie die ganze Nacht wach und dachte über das nach, was sie gesehen hatte. Was viele ihrer Bekannten und Freunde nicht wissen: Hedy Bender ist ein sehr emotionaler Mensch, auch wenn sie das nicht zeigt. Sie mag es, wenn ein Theaterstück sie bewegt und zum Nachdenken bringt.

Ödes Landleben

Hedy Bender ist eine gepflegte Frau mit kurzen, dunkelblonden Haaren. Ihr Lippenstift ist knallig rot, der Schmuck auffällig. Sie sieht deutlich jünger aus als die 76 Jahre, die sie alt ist. Und auch wenn sie eher leise spricht, weiß sie ganz genau, was sie will: mitten rein ins Leben. Das wollte sie schon immer, doch als Kind war das nicht einfach. Sie ist mit acht Geschwistern in der dünn besiedelten Göhrde im niedersächsischen Lüchow-Dannenberg aufgewachsen, eine Gegend, die sie als „langweilig bis zum Gehtnichtmehr“ empfand. Dazu kam eine strenge Erziehung, die dauernde Drohung: „Warte nur ab, bis der Papa kommt“. Kaum war sie volljährig, damals war man das erst mit 21, zog sie in die Großstadt. Sie wollte nach Hamburg. Ihre Eltern waren nicht begeistert. Die große Schwester, die als Kinderpflegerin in Hamburg arbeitete, sollte auf die kleine Hedy aufpassen. Die war auf die Großstadt nicht vorbereitet und anfangs ziemlich schüchtern. Vieles war neu für sie, zum Beispiel, dass sie zum ersten Mal in ein richtiges Kino gehen konnte. Doch schon bald stürzte sie sich ins Hamburger Leben. Als gelernte Hotelfachfrau arbeitete sie in verschiedenen kleinen Hotels.

Das Training

Hedy Bender war gerade mal 38 Jahre alt, als die Ärzte bei ihr durch Zufall feststellten, dass sie an Osteoporose erkrankt war. Bei Osteoporose nimmt die Knochenmasse über das natürliche Maß hinaus ab. Die Folge: ein erhöhtes Risiko für Knochenbrüche und ein instabilerer Körper. Im Rahmen der Therapie wird in der Regel auch Sport empfohlen: Krafttraining übt zum Beispiel mechanische Reize auf den Knochen aus. Es regt den Stoffwechsel an und sorgt für Aufbau und Erhalt der Knochen. Auch Benders Orthopäde hat ihr zum Training geraten, um eine Versteifung des Rückens zu verhindern. Seitdem geht sie regelmäßig zweimal pro Woche zu Kieser und trainiert an zwölf verschiedenen Maschinen, mit denen sie den ganzen Körper kräftigt. Angst, die porösen Knochen dabei zu sehr zu belasten, hat Hedy Bender nicht: „Die passen dort gut auf mich auf“, sagt sie. Wenn ein Wechsel der Maschinen ansteht, macht sie das immer gemeinsam mit der Ärztin vor Ort.


Nur im Sessel sitzen? Nein, danke ...

Und arbeiten, das macht sie bis heute. Seit sie mit ihrer Tochter das berührende Andorra-Stück gesehen hat, kann sich Hedy Bender ein Leben ohne Theater nicht mehr vorstellen. Mehrmals im Monat schaut sie sich neue Stücke an. Seit 17 Jahren arbeitet sie zudem an zwei bis drei Abenden die Woche im Theater. Anfangs verkaufte sie Karten im Ernst-Deutsch-Theater. Nach 14 Jahren, mit 73 hörte sie dort auf. Aber nicht lange: Nach zwei Monaten zu Hause wurde sie unruhig. Nur im Sessel zu sitzen, das war ihr zu langweilig. Sie suchte etwas Neues und begann in den Kammerspielen in Hamburg-Rotherbaum. Seitdem verkauft sie dort Karten, nimmt Gästen die Garderobe ab oder betreut sie am Einlass, kümmert sich zum Beispiel darum, dass Rollstuhlfahrer an ihren Platz gebracht werden oder erzählt, worum es in dem Stück geht. Nach dem Tod ihres Mannes vor zwölf Jahren hat ihr das Theater geholfen, wieder in das Leben zurückzufinden. 

Zum Feiern auf den Kiez

In der Theaterwelt fühlt sie sich wohl. Sie mag, dass es so locker und familiär dort zugeht und dass alle ein bisschen verrückt sind, wie sie sagt. Und auch wenn viele ihrer Kollegen ihre Enkelkinder sein könnten, kommt sie gut mit ihnen klar. Vielleicht, weil sie sie einfach so sein lässt, wie sie sind und sich mit klugen Ratschlägen zurückhält. Einmal im Jahr treffen sich die Theaterleute zum Grillabend. Sie feiert gerne zusammen mit den jungen Leuten. Berührungsängste gibt es keine. Nur als ihre Tochter und deren Freunde sie zum ersten Mal mit auf den Kiez in einen Club nahmen, war ihr das peinlich. Aber der Türsteher hat sie einfach mit durchgewunken und seitdem trifft man sie öfter mit ihrer Tochter in einem Musikclub im Hamburger Vergnügungsviertel an. Dass sie eigentlich lieber Verdi-Opern hört, verrät sie dort natürlich niemandem ...

Text: Monika Herbst
Foto: Verena Meier