Die Tage im Studio, die Nächte in der Bibliothek
Studium, Förderprogramm, Führungsposition – so könnte man Schritt für Schritt Karriere machen. Christoph Eder hat alles gleichzeitig gestemmt.
Sie waren mit 24 Jahren Betriebsleiter und ein Jahr später Geschäftsleiter bei Kieser Training in Darmstadt. Nehmen die Mitarbeiter und Kunden so einen jungen Chef überhaupt ernst?
Wenn ich als junger Mitarbeiter von außen gekommen wäre, wäre das wahrscheinlich kein Thema gewesen. Die Schwierigkeit war eher, dass mich alle noch als den kleinen „Studi“ kannten, als der ich bei Kieser Training in Darmstadt angefangen habe. Deshalb hat der eine oder andere sicher genauer hingeschaut. Ich denke, ich habe sie durch meine Leistung überzeugt. Das Arbeitsklima und die Zusammenarbeit sind gut, dadurch wurde ich schnell akzeptiert und auch unterstützt. Die Position als Betriebsleiter hat damals auch eine meiner Kolleginnen angestrebt. Mit ihr habe ich dann direkt das Gespräch gesucht, um die Sache zu klären.
Sie haben über zwei Jahre hinweg nicht nur in einer Führungsposition gearbeitet, sondern parallel noch studiert und das Kieser-interne Förderprogramm absolviert. Klingt, als hätten Sie sich nicht gerade gelangweilt ...
Ich war etwa 40 bis 50 Stunden pro Woche vor Ort im Studio. Das Duale Studium zum Fitnessökonom und das Förderprogramm, intern Kaderschmiede genannt, kamen noch dazu. Das war eine sehr anstrengende, aber auch sehr lehrreiche Zeit. Dass ich alles zugleich gemacht habe, hat sich so ergeben, weil ich noch während des Studiums die Leitungsfunktion angeboten bekam und dann noch die Chance, am Förderprogramm teilzunehmen. Die Möglichkeiten habe ich genutzt, es passte auch zu meinen Zielen. Im Studium gab es alle vier bis sechs Wochen eine Einheit mit drei, vier Präsenztagen. Dafür habe ich im Studio frei bekommen. Bei der Kaderschmiede lief es ähnlich. Die Vor- und Nachbereitungen waren allerdings ziemlich zeitintensiv, da musste ich gut planen. Richtig hart war die Bachelorarbeit. Da stand ich abends bis 18 oder 19 Uhr auf der Trainingsfläche und bin anschließend in die Uni-Bibliothek gefahren und habe dort noch bis 1 oder 2 Uhr nachts gelernt. Die Bibliothek lag nur 500 Meter von unserer damaligen Wohnung entfernt und hatte 24 Stunden am Tag geöffnet. Dort konnte ich mich ohne Ablenkung auf das Lernen konzentrieren. Am nächsten Tag bin ich dann wieder um 6 oder 7 Uhr aufgestanden und ins Studio gefahren. Ich komme mit wenig Schlaf aus, trotzdem war das grenzwertig. Aber ich wusste, dass ich das nur drei Monate durchhalten muss und habe die Zähne zusammengebissen. Danach saß ich erstmal zu Hause und habe mich gefragt, was ich mit der ganzen freien Zeit mache. Das hat sich aber schnell gelegt (lacht).
Was ist das Wichtigste, das Sie im Förderprogramm gelernt haben?
In der Uni ging es eher darum, sich Wissen anzueignen. Im Förderprogramm stand dagegen die Weiterentwicklung der eigenen Persönlichkeit im Vordergrund. Wir haben zum Beispiel oft Rollenspiele gemacht. Ich kann sehr dominant sein, presche los und erwarte, dass die anderen mitziehen, ohne mir deren Argumente anzuhören. Durch die Weiterbildung bin ich sensibilisiert worden, dass die Gruppe erstmal auf einen Nenner kommen muss, damit alle in dieselbe Richtung gehen. Ich stelle mich jetzt mehr auf mein Gegenüber ein und führe dadurch besser.
Was ist Ihnen als Geschäftsleiter besonders wichtig?
Dass sich meine Mitarbeiter weiterentwickeln. Ich erwarte viel von ihnen, fördere sie aber auch entsprechend. Die Mitarbeiter sind das Gesicht von Kieser Training, sie verkörpern das Unternehmen. Verhalten, Auftreten, Erscheinungsbild und Kommunikation sind entsprechend wichtig. Ziel ist es, auf jeden Kunden angemessen einzugehen, bei einem Sicherheitstypen eher das Wir-Gefühl zu stärken oder bei einem Dominanztypen mehr mit Zahlen und Fakten zu arbeiten.
Text: Monika Herbst
Foto: Verena Meier